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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 09.03.2004
Aktenzeichen: 2Z BR 17/04
Rechtsgebiete: WEG


Vorschriften:

WEG § 26
1. Von dem Beschluss der Eigentümer über die Abberufung des Verwalters ist die Kündigung des Verwaltervertrags zu unterscheiden. Die Berechtigung der Wohnungseigentümer zur Kündigung des mit ihm geschlossenen Verwaltervertrags kann der Verwalter im Feststellungsverfahren überprüfen lassen.

2. Im Verwaltervertrag kann ein Sonderkündigungsrecht der Wohnungseigentümer für den Fall vereinbart werden, dass der derzeitige Sachbearbeiter bei dem Verwalter ausscheidet.


Gründe:

I.

Die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die seit 1.7.2003 von der weiteren Beteiligten verwaltet wird. Davor war die Antragstellerin Verwalterin.

Aufgrund des Eigentümerbeschlusses vom 12.8.2002 war mit ihr ein Verwaltervertrag abgeschlossen worden, der vorsah, dass sie mit Verlängerungsmöglichkeit zunächst bis 31.12.2005 zur Verwalterin bestellt und den Antragsgegnern ein Sonderkündigungsrecht unter anderem beim Wechsel der zuständigen Sachbearbeiterin der Antragstellerin (zum damaligen Zeitpunkt Frau L.) eingeräumt wird.

Nachdem Frau L. am 20.12.2002 als Sachbearbeiterin bei der Antragstellerin ausgeschieden war, beschlossen die Wohnungseigentümer am 28.2.2003, vom vertraglich vereinbarten und mit Eigentümerbeschluss vom 12.8.2002 festgelegten Sonderkündigungsrecht Gebrauch zu machen. Die Kündigung gegenüber der Antragstellerin wurde mit Schreiben vom 28.3.2003 ausgesprochen.

Die Antragstellerin hat beantragt, den Eigentümerbeschluss für ungültig zu erklären, weil das Sonderkündigungsrecht gegen die guten Sitten verstoße. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 12.9.2003 den Antrag abgewiesen. Das Landgericht hat am 7.1.2004 die sofortige Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich deren sofortige weitere Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg; lediglich aus verfahrensrechtlichen Gründen ist eine Neufassung der Entscheidungsformel veranlasst.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Der Eigentümerbeschluss, der die Kündigung des Verwaltervertrags und sinngemäß auch die Abberufung der Antragstellerin als Verwalterin beinhalte, entspreche ordnungsmäßiger Verwaltung, da die Voraussetzung des vertraglich vereinbarten Sonderkündigungsrechts, nämlich der Wechsel der Sachbearbeiterin, vorgelegen habe. Aus dem Eigentümerbeschluss vom 12.8.2002 ergebe sich nicht, dass weitere Voraussetzungen für eine Kündigung, z.B. eine Verschlechterung der Betreuung durch den nachfolgenden Sachbearbeiter, erforderlich seien.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Der Eigentümerbeschluss vom 28.2.2003 enthält sinngemäß den Abberufungsbeschluss und den Beschluss über die Kündigung des Verwaltervertrags.

Bei sachgerechtem Verständnis verfolgt die Antragstellerin nicht nur die Anfechtung des Beschlusses über ihre Abberufung vom Verwalteramt. Vielmehr wendet sie sich daneben auch gegen die Kündigung des Verwaltervertrags, die ihr mit Schreiben vom 28.3.2003 mitgeteilt worden ist.

Die Antragstellerin macht keine Mängel bei der Beschlussfassung der Wohnungseigentümer über die Kündigung geltend. Sie meint vielmehr, der Verwaltervertrag sei nicht beendet worden, weil es an den Voraussetzungen einer wirksamen Kündigung fehle. Damit wendet sie sich bei der gebotenen interessengerechten Auslegung ihres Antrags nicht gegen die Gültigkeit des Beschlusses der Wohnungseigentümer zur Kündigung des Verwaltervertrags, sondern fordert die Überprüfung der materiellen Voraussetzungen eines Kündigungsrechts. Zur Verwirklichung dieses Rechtsschutzziels ist für die Antragstellerin das Feststellungsverfahren nach § 43 Abs. 1 Nr. 2 WEG i.V.m. § 256 Abs. 1 ZPO eröffnet. Dagegen besteht für eine nach § 23 Abs. 4 WEG fristgebundene Anfechtung des Beschlusses über die Kündigung des Verwaltervertrags kein Rechtsschutzinteresse. Denn dieser Beschluss bringt als Ergebnis einer internen Willensbildung nur die Auffassung der Wohnungseigentümer zum Ausdruck, dass ein Grund für eine Kündigung vorliegt und deshalb der Verwaltervertrag beendet werden soll; für die Berechtigung der Kündigung selbst ist der Beschluss hingegen ohne Bedeutung. Nach alledem ist davon auszugehen, dass die Antragstellerin nicht nur die Ungültigerklärung des Beschlusses über ihre Abberufung erstrebt, sondern auch die Feststellung, dass der Verwaltervertrag durch die ausgesprochene Kündigung nicht wirksam beendet worden ist (vgl. BGH NJW 2002, 3240 f.).

b) Die Antragstellerin ist in entsprechender Anwendung des § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG zur Anfechtung des Abberufungsbeschlusses befugt und hat insoweit auch ein Rechtsschutzbedürfnis (BGH NJW 2002, 3240/3242).

In der Sache selbst hat die Antragstellerin mit der Anfechtung des Abberufungsbeschlusses keinen Erfolg. Nach § 14 Nr. 2 der Gemeinschaftsordnung ist die Abberufung des Verwalters durch Mehrheitsbeschluss zulässig; die Abberufung ist nicht auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes beschränkt. Ein vertraglich vorgesehener Grund für die Abberufung liegt vor.

Mit bestandskräftigem Eigentümerbeschluss vom 12.8.2002 nahmen nämlich die Antragsgegner das Angebot der Antragstellerin an, ihnen unter anderem ein Sonderkündigungsrecht dann einzuräumen, wenn ein Wechsel bei der zuständigen Sachbearbeiterin (damals Frau L.) der Antragstellerin eintritt. Dementsprechend wurde im Verwaltervertrag ein solches Sonderkündigungsrecht vereinbart.

Die Antragstellerin trägt zwar vor, Voraussetzung für die Ausübung des Sonderkündigungsrechts sei nicht nur das Ausscheiden der Sachbearbeiterin Frau L. gewesen. Vielmehr hätten weitere Gründe vorliegen müssen, wie fehlende Sachkunde des neuen Sachbearbeiters oder unzureichende Betreuung durch den neuen Sachbearbeiter. Abgesehen davon beruhe das Sonderkündigungsrecht auf einer zum Nachteil der Antragstellerin getroffenen Absprache zwischen Frau L. und dem Vorsitzenden des Verwaltungsbeirats und sei falsch formuliert.

Diese Einwendungen greifen aber nicht durch. Ein Eigentümerbeschluss ist aus sich heraus, objektiv und normativ auszulegen; was die Beteiligten erörtert oder gewollt haben, kann zur Auslegung nicht herangezogen werden, wenn es wie hier in der Niederschrift keinen Niederschlag gefunden hat. Maßgebend ist vielmehr die nächstliegende Bedeutung für einen unbefangenen Betrachter. Die Auslegung kann der Senat ohne Bindung an die des Landgerichts vornehmen. Die nächstliegende Bedeutung des im Beschluss vom 12.8.2002 genannten Sonderkündigungsrechts ist, dass eine Kündigung durch die Antragsgegner schon dann ausgesprochen werden kann, wenn die Sachbearbeiterin Frau L. bei der Antragstellerin ausscheidet.

Nichts anderes ergibt sich aus dem Verwaltervertrag. Die Auslegung von Verträgen ist Sache des Tatrichters und kann vom Rechtsbeschwerdegericht nur auf Rechtsfehler überprüft werden (§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, § 559 ZPO). Das Gericht der weiteren Beschwerde hat nur zu prüfen, ob die Auslegung nach den Denkgesetzen und feststehenden Erfahrungen möglich ist, mit den gesetzlichen Auslegungsregeln in Einklang steht, dem klaren Sinn und Wortlaut der Erklärung nicht widerspricht und alle wesentlichen Tatsachen berücksichtigt; die Auslegung des Beschwerdegerichts muss nicht zwingend sein. Ein Rechtsfehler in diesem Sinn liegt hier nicht vor.

c) Der von der Antragstellerin verfolgte Feststellungsantrag ist zulässig (§ 43 Abs. 1 Nr. 2 WEG analog); insbesondere liegt das entsprechend § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse vor (vgl. dazu BGH NJW 2002, 3240/3242 f.).

Sachlich hat der Feststellungsantrag jedoch keinen Erfolg, weil der Verwaltervertrag wirksam gekündigt worden ist.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 47 WEG, die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.

Grundlage für die Bemessung des Geschäftswerts ist die Vergütung der Antragstellerin für die restliche Laufzeit des Vertrags. Hinsichtlich der Berechnung im Einzelnen wird auf den Schriftsatz der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegner vom 29.8.2003 Bezug genommen.

Der Senat hat für den Geschäftswert der Beschwerdeinstanz von der durch § 31 Abs. 1 Satz 2 KostO eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht.

Ende der Entscheidung

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